Upcycling von Kaffeesatz zu Design Objekten l MCL I coffee dregs edition N°I

Upcycling von organischem Abfall wie Kaffeesatz zu nachhaltigen und ästhetischen Werkstücken – Schönes aus der Biotonne  – kann das gehen?
Ja, es geht und Kaffeesatz ist genau das Richtige Material  dafür.

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Gerade in letzter Zeit hört man insbesondere im Zusammenhang mit nachhaltigem Lebensstil das Stichwort Upcycling, aber was genau versteht man eigentlich darunter?

Das Wort Upcycling wurde vor etwas mehr als 20 Jahren erstmals von Reiner Pilz 1) in einem Artikel der Zeitschrift ‚Salvo‘ genannt und leitet sich vom englischen Up für hoch und Recycling für Wiederverwerten her.
Upcycling ist im Grunde genommen die logische Weiterentwicklung von Recycling:
SAMSUNG CSCAbfallprodukte/-stoffe, die zum Beispiel bei bestimmten Herstellungsprozessen anfallen, die gebraucht oder verbraucht sind, Stoffe, die weggeworfen würden, da man nichts mehr mit ihnen anfangen kann, werden beim Re– wie auch beim Upcycling noch einmal einer Verwendung zugeführt.
Das Besondere jedoch beim Upcycling ist, dass es nicht nur um das Wiederverwerten von Zwischenprodukten und Abfällen geht, sondern darum, diese Stoffe so umzuwandeln, dass ein neues, hochwertige(re)s Produkt daraus entsteht. Im Gegensatz dazu steht der Prozess des Re- bzw. des Downcyclings, bei dem bestenfalls gleiche – Recycling, meist aber minderwertigere Produkte – Downcycling im Zuge der Wiederverwertung entstehen. Genau das was Reiner Pilz seinerzeit bereits in dem Salvo-Artikel angeprangert hat.
War Recycling Gegenstand der Bemühungen zur Schaffung eines ‚guten Gefühls‘ beim Konsum in der Überflussgesellschaft der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, so ist Upcycling – die Schaffung von Werten aus Trash und damit Müllvermeidung, mithin verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen – das, was diesbezüglich die Motivation unserer Zeit ausmacht.

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Der Grundgedanke, der hinter Upcycling steht:

man reduziert zum einen die Abfallmengen und zum anderen die Menge an Ausgangsmaterialien, seien es nun anorganische oder organische Stoffe, und agiert damit in jeder Hinsicht ressourcenschonend und nachhaltig. Christoff Wiethoff2) bezeichnet Upcycling gar als das neue BAUHAUS, denn nach ihm geht es beim Upcycling auch um die Schaffung neuer, umweltfreundlicher, ästhetischer Gebrauchsgegenstände – Ideen, die auch das BAUHAUS reflektiert.SAMSUNG CSC

Durch die Bevölkerung in Ländern, in denen nicht der Überfluss, sondern der Mangel vorherrschend ist, wurde schon von jeher Upcycling praktiziert; das stand daher eher für – aus westlicher Sicht betrachtet – Mangelverwaltung. Erst in unserer Zeit, in der Klimawandel, Ressourcenknappheit, zu hoher Energieverbrauch etc. mehr und mehr in unser Bewusstsein rücken, wir aus unserem Planeten mehr herausholen als dieser in der Lage ist zu regenerieren, erst jetzt werden Themen wie Nachhaltigkeit, verantwortungsbewusster Umgang mit Ressourcen und Engagement zu integralen Bestandteilen der Lebenseinstellung und -handlung auch breiterer Gesellschaftsschichten westlicher Zivilisationen.
Konsum wird zunehmend in einem neuen ökologischen und ethischen Kontext betrachtet und gelebt und genau hier spielt das Thema Upcycling für Verbraucher und Verbraucherinnen eine immer vordringlichere Rolle.

Upcycling von Nahrungsmitteln – Große Küche dank Resteverwertung

Alles begann, als ich mich in einem Artikel 3) für eine Kolumne für ‚Taste of Heimat‘ mit dem Wegwerfen von Nahrungsmitteln auseinandersetzte. Es wurde mir ganz schnell klar, dass sich nicht nur gebrauchtes Plastik, Klamotten oder Papier zu neuen Produkten veredeln lassen, sondern sich auch schrumpeliges oder überreifes Obst und Gemüse, Übriggebliebenes vom Vortag, Brotreste und alte Semmeln, gekochte Kartoffeln oder nicht mehr ganz so toll aussehende Käse-Reste zu feinsten Köstlichkeiten upcyceln lassen.

SAMSUNG CSCIch beschreibe, wie man das Wegwerfen von Lebensmitteln, zum Beispiel von altem Brot, durch phantasievolle Rezepte vermeiden kann, und nicht nur das: die dem Wegwerfen geweihten Nahrungsmittel werden vielmehr veredelt zu kulinarischen Leckerbissen.
Ich habe seinerzeit diese Aufwertung und Veredelung von alten und übrigen Lebensmitteln in Anlehnung an Reiner Pilz als Upcycling bezeichnet. Denn es werden Wegwerf-Nahrungsmittel ohne viel Aufwand, dafür aber mit Kreativität und Fantasie eben nicht nur verwertet (Recycling), sondern zu tollen und leckeren Gerichten verfeinert (Upcycling) und es entsteht aus alt oder zuviel eben neu, frisch und appetitlich.

Upcycling von alten Leinentischdecken und anderen Stoffresten

SAMSUNG CSC Zwischendurch hatte ich den MCL I Shop eingerichtet und war auf der Suche nach Produkten dafür.
Beiwerk für einen schön gedeckten Tisch oder Handwerkszeug, das man zum Kochen immer gut gebrauchen kann und am besten durch Upcyling hergestellt, so sollten meine Produkte beschaffen sein.
So kam recht schnell die Idee zur Nutzung von – in meinem Haushalt reichlich vorhandenen – Stoffresten zur Aufwertung auf. Weil Brot sich in Leinen besonders wohl fühlt, begann ich aus geerbten und schon ziemlich betagten Leinentischdecken und Stoffresten Brotsäckchen zu nähen. Gerade das mit den geerbten Tischdecken finde ich eine schöne Idee, weil nicht nur jedes Säckchen ein Unikat ist, sondern weil die Tischdecken zum Teil schon fast 100 Jahre alt sind und jede einzelne eine Geschichte hat. Auf manchen der genähten Säckchen befindet sich sogar das Monogramm der ersten Besitzerin der Tischdecke – das sind meine ganz besonderen Lieblingsstücke.
Aus anderen Stoffresten, die ich immer aufgehoben oder geschenkt bekommen habe, nähe ich außer Brotsäckchen übrigens auch Topflappen, Schürzen, Tischsets, Servietten und andere schöne und nützliche Dinge für Tisch und Küche.

Upcycling von organischem Abfall – statt Downcycling

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Ein ganz anderer Gedanke zum Thema Upcycling kam mir vor nicht langer Zeit, nämlich aus organischen Küchenabfällen – also wirklichem Trash – schöne Dinge, Design zu erschaffen. Denn es gibt in Zusammenhang mit Essen kochen und zu sich nehmen Abfall, bei dem man auf den ersten Blick eigentlich nur auf Entsorgen, vielleicht gerade noch mehrmaliges Verwenden kommt. Organischer Abfall, der beim Kochen entsteht, wird bestenfalls kompostiert und als Dünger verwendet. Oder nehmen wir zum Beispiel Eierkartons: Man nimmt sie allenfalls wieder mit zum Markt (wenn man sie nicht gerade zuhause vergisst), verwendet sie als Aussaat-Töpfchen oder gibt sie zum Altpapier, wo der gute Rohstoff leider unter Belastung der Umwelt und hohem Energieverbrauch nur noch downgecycelt wird.

Konzept der MCL l coffee dregs edition

Upcycling von organischem Abfall aus der Küche, Schönes aus Kaffeesatz und alten Eierkartons – kann das wirklich funktionieren?

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Wir produzieren mit unserer Espressomaschine zuhause ziemlich viel Kaffeesatz – viel zu viel jedenfalls für die Düngung unserer zwei Rosenstöcke im Garten – und dieser Kaffeesatz landete daher jahrelang größtenteils in der Biotonne. Bei der Beschäftigung mit der Frage, ob man aus dem organischen Abfallprodukt Kaffeesatz nicht etwas Schönes machen kann, kam mir irgendwann schließlich der Gedanke, daraus zusammen mit natürlichen Bindemitteln einen Teig herzustellen, der dann zu dekorativen Gegenständen modelliert werden kann. So wie meine Tochter das im Kindergarten mit Salzteig gemacht hat, nur dass halt Kaffeesatz zum Einsatz kommt.

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Zunächst habe ich mich intensiv theoretisch damit beschäftigt welche Optionen es für die erfolgreiche Umsetzung des Vorhabens überhaupt gibt. Die größte Herausforderung dabei war es eine Rezeptur für ein natürliches Bindemittel zu entwickeln, das in der Lage ist den Kaffeesatz so zu binden, dass er zunächst formbar ist und anschließend eine gewisse Härte und Stabilität entwickelt. Ich fühlte mich in meine Zeit als Naturwissenschaftlerin in mein Unilabor zurückversetzt. In etlichen Versuchsreihen bin ich am Ende bei einer geeigneten Rezeptur gelandet, die dann auch die oben genannten Eierkartons, aufgelöst in Wasser, zur Verfestigung beinhaltete – das Verfahren zur Herstellung von Prototypen war gefunden und die MCL l coffee dregs edition geboren.

logo-mcl-coffee-dregs-webDesign aus organischem Abfall

Die MCL l coffee dregs edition N°1, ist meine erste Kollektion an Objekten entstanden aus Abfall aus der Biotonne. Durch Upcycling entstanden aus Kaffeesatz ganz wunderbare dekorative Schalen, Schüsseln und Bowls.SAMSUNG CSC

SAMSUNG CSCJedes der Stücke ist ein Unikat, weil das Ausgangsprodukt ein Naturprodukt ist, weil sich jeder ‚Teigansatz‘ ein bisschen anders verhält und weil sich stets unterschiedliche Farbnuancen und auch Formen ergeben, je nachdem wie die Ausgangs(abfall)stoffe beschaffen waren.
Die einzelnen Objekte sind hitzebeständig und recht stabil, aber sie haben eine gewisse Empfindlichkeit gegenüber Feuchtigkeit und können nur trocken abgewischt werden. Daher sind die Schalen zum Teil mit lebensmitteltauglichen Wachsen und Ölen behandelt. Dadurch erreicht man eine Intensivierung der Farbtiefe, aber auch eine gewisse Feuchtigkeitsstabilität.

Da wir mittlerweile nicht mehr genug coffee dregs selbst herbringen, bekomme ich von unserem Italiener um die Ecke jeden Abend seine ‚Ausbeute‘ an Espresso-Abfall. Außerdem werden wir von Freunden und Nachbarn mit nicht mehr benötigten Eierkartons versorgt. So kann ich stetig die Objektpalette erweitern und ‚Nachschub‘ produzieren.

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Ganz im Sinne von verantwortlichem Umgang mit Ressourcen können übrigens, wenn man doch einmal eines der Schönen Stücke nicht mehr haben möchte oder sie ‚verbraucht‘ sind, diese einfach in den Kompost gegeben und somit noch einmal einer weiteren Funktion, nämlich der des Düngers zugeführt werden. Daraus kann dann wieder etwas Wunderbares Neues erwachsen und der Kreis schließt sich erneut – ganz im Sinne der nachhaltigen Weiterentwicklung von Recycling im 21. Jahrhundert.

Objekte der MCL l coffee dregs edition N°Igibt es im
My Cookery Log® l Shop zu kaufen.logo-mcl-smart-shopping-web

 

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 Verweise

1) Kay Thornton (12. 10. 1994), ‘Salvo in Germany – Reiner Pilz’, Salvo NEWS, http://www.salvoweb.com/files/salvonews/sn99v3.pdf 

2) Christoff Wiethoff (6.3.2015), ‚Ist Upcycling das neue BAUHAUS? ’, https://www.connektar.de/kleidung-lifestyle/ist-upcycling-das-neue-bauhaus-31290

3) Carmen Zirngibl (2. Juli 2014), ‚Upcycling von Nahrungsmitteln statt Entsorgung – So wird Resteverwertung zum Hochgenuss’ http://www.tasteofheimat.de/magazin/artikel/up-cycling-von-nahrungsmitteln-statt-entsorgung

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